Katharina Curtius
Katharina Curtius in ihrem Dentallabor ©  Katharina Curtius

Frau Curtius, danke, dass Sie sich die Zeit für dieses Gespräch nehmen. Wie geht es Ihnen?

Bei mir ist derzeit eine Menge los. Sowohl in privater als auch beruflicher Hinsicht ist mein Leben von Umbrüchen und Neuanfängen geprägt. Es geht mir – trotz aller Hürden und Herausforderungen – aber gut. Ich bin voller Tatendrang und habe Lust, die Dinge anzupacken und zu verändern.

Das hört sich zuversichtlich an – sind Sie Optimistin?

Durch und durch! Ich war schon immer eine. Seit meiner Zahntechnik-Meisterprüfung bin ich es aber noch mehr geworden.

Erzählen Sie gern mehr darüber.

Ich habe mit 45 Jahren angefangen, noch einmal die Schulbank zu drücken. Fünf Jahre lang habe ich eine Meisterschule besucht, um nebenberuflich meinen Meister in der Zahntechnik zu absolvieren. Das Lernen fiel mir zu Beginn unheimlich schwer. Doch je weiter ich kam, umso mehr Auftrieb bekam ich. „Ich werde es schaffen“ – dieser Gedanke beflügelte mich. Als es dann zur großen, mehrtägigen Meisterprüfung kam, nahm ich mir meinen Sohn zum Vorbild, der zuvor fürs Abitur so hart gepaukt hatte. Er hat mir gezeigt: Man muss hartnäckig bleiben, wenn man etwas erreichen möchte.

Warum haben Sie sich den Meister-Wunsch erfüllt?

Ich wollte mich beruflich verändern beziehungsweise als gelernte Zahntechnikerin eben noch eine Schippe drauflegen. Wohin die Reise dann mit meinem Meister gehen sollte – das wusste ich bis dato nicht, aber es eröffneten sich neue Möglichkeiten.

Dass Sie ein Dentallabor übernehmen war nicht klar?

Ich sah zwei Möglichkeiten: Entweder als Angestellte ein Labor leiten – oder eines übernehmen. Während meiner Suche kristallisierte sich dann immer mehr heraus, dass es Letzteres werden würde.

Wie sind Sie bei der Suche vorgegangen?

Ich habe die Betriebsbörse der Handwerkskammer durchforstet und in einer Dentalzeitschrift eine Annonce aufgegeben. Insgesamt etwa 80 potentielle Betriebe habe ich deutschlandweit und im Ausland so kennengelernt.

Und alle besucht?

Nein, nicht alle. Das wäre zu viel des Guten gewesen. Ich fragte meine Kinder – wo könnt ihr euch vorstellen mit mir hinzuziehen? Wir wohnten zu dem Zeitpunkt in Hessen. Sie meinten, Norddeutschland sei ok, am liebsten Hamburg.

Hamburg-Harburg ist es schlussendlich geworden. Was hat Sie an dem Betrieb überzeugt?

Das Preis-Leistungs-Verhältnis hat gestimmt. Aber wirklich ausschlaggebend war die Lage. Das Labor befindet sich in einem wunderschönen, begrünten Hinterhof. Ein richtiges Kleinod. Früher – so wird es erzählt – soll der Gründer Carl-August Selig sogar Hühner hier gehalten haben. Den Betrieb gibt es seit 1971.

Im Januar 2021 übernahmen Sie das Unternehmen. Was hat sich seitdem geändert?

Ich habe die Räumlichkeiten – es sind insgesamt 120 Quadratmeter – sofort renoviert und den Maschinenpark modernisiert. Das war eine wichtige Investition. Außerdem war mir gleich klar, dass ich ausbilden möchte. Das richtige Personal zu finden – das war auf jeden Fall eine aufregende Etappe.

Jetzt steht Ihr Team fest?

Ja, ich beschäftige zwei Auszubildende, zwei Fahrer und einen Gesellen. In naher Zukunft möchte ich eine oder zwei weitere Stellen in der Zahntechnik besetzen. Außerdem suche ich Unterstützung in der Buchhaltung. Ich kümmere mich zwar auch gern um diesen Bereich, aber ich könnte die Zeit auch anders nutzen.

Wofür würden Sie die Zeit denn nutzen wollen?

Ich möchte mehr Akquise betreiben. Kalt-Akquise ist in meiner Branche der gängige Weg. Dafür benötige ich dringend mehr Kapazitäten. Gerade bin ich mit meiner 80-Stunden-Woche aber bereits an eine Grenze angelangt. Noch mehr leisten – das geht immer, aber nicht auf Dauer. Ich brauche Unterstützung.

Was raten Sie jenen, die einen Betrieb übernehmen oder gründen wollen?

Der Businessplan ist nicht nur für die Bank gedacht, das sollte man sich klar machen. Man macht den für sich. Das ist mein roter Faden, an dem ich mich entlanghangele. Außerdem: Die Dinge, die man sich wünscht, mutig anpacken. Da spricht wieder die Optimistin aus mir. Eine Vision haben und auch wenn man diese ab und zu aus den Augen verliert, jeden Morgen die Krone richten und weiter machen, es lohnt sich! Meine Tochter macht gerade Abitur, vor Jahren sind bei Ihr Legasthenie und Dyskalkulie festgestellt worden, aber sie kämpfte und sie wird es schaffen. Was ich damit sagen möchte: Auch wenn der Weg oft sehr schwer erscheint und das Ziel nicht zu erkennen ist, geht es weiter. Man darf sich selbst nur nicht belügen und sollte mit anderen offen reden. Was mir auch stets geholfen hat, ob im Privaten oder Beruflichen: lösungsorientiert zu handeln. Und über all dem steht mein Motto, nach dem ich auch meine Kinder erzogen haben: Gehe mit anderen so um, wie du möchtest, dass andere mit dir umgehen. So wird man nicht nur erfolgreich, sondern auch glücklich.

Stand: November 2022