Jürgen Junker
Jürgen Junker ©  Mott Mobile Systeme GmbH & Co. KG

Herr Junker, Sie haben sich nach intensiven Überlegungen für eine Unternehmensnachfolge entschieden. Warum?

Junker: Wenn man, wie ich, eine Selbständigkeit im produzierenden Gewerbe angestrebt hat, stellt man schnell fest, dass der Markt vielfach bereits gesättigt ist. Von daher kam die Gründung eines neuen Unternehmens für mich nicht in Frage. Ich habe mich daher mit Unterstützung eines Unternehmensberaters nach einem bereits bestehenden Betrieb umgesehen, der für eine Übernahme geeignet ist.

Wie sind Sie bei der Suche vorgegangen?

Junker: Bei den Suchkriterien war ich sehr offen: Ich hatte eine ungefähre Größenordnung vor Augen, habe mich aber nicht von vorneherein auf eine bestimmte Branche festgelegt. Fest stand nur, dass es ein Betrieb im produzierenden Gewerbe sein sollte.

Ich habe dann über verschiedene Wege nach einem geeigneten Betrieb recherchiert: über die Börsen der Kammern, Immobilienbörsen und über einen Unternehmensberater. Schließlich haben wir dann über die nexxt-change-Unternehmensnachfolgebörse Herrn Thorsten Mott, Inhaber der Mott Metallwaren und Bühnenbau GmbH, kennengelernt. Herr Mott wollte den Betrieb aus Altersgründen abgeben und war auf der Suche nach einem externen Nachfolger.

Ab welchem Zeitpunkt wussten Sie denn, dass Sie „Ihr“ Unternehmen gefunden hatten?

Junker: Ich hatte schon bei meinem ersten Besuch so ein „Bauchgefühl“, das mir sagte, dass es der „richtige“ Betrieb war. Allein das Leistungsspektrum war mir sehr vertraut, weil ich bereits als Angestellter mit ähnlichen Aufgaben zu tun gehabt hatte. Als Dienstleister im Bereich Pulverbeschichtung, Rohrlaser und Industrieschreinerei mit Eigenprodukten, die über den Fachhandel für Veranstaltungen, den Ausbildungsbereich und die Hotellerie sowie die Industrie vertrieben werden, ist das Produkt- und Leistungsangebot der Firma Mott sehr vielfältig. Hinzu kommt die Aluminiumbearbeitung in einem eigenen Bearbeitungszentrum, mit Schweißroboter für Stahl etc. Die Ausgangssituation war daher sehr viel versprechend. Auf das erste Gespräch mit Herrn Mott folgten dann eine Reihe weiterer Treffen, auch mit seiner Familie. Und dann kam es schließlich zur Einigung.

War bei den Gesprächen ein Berater mit dabei?

Junker: Ja, Herr Mott hatte einen auf Unternehmensnachfolgen spezialisierten Unternehmensberater von der VR NachfolgeBeratung mit an Bord geholt. Der kannte den Betrieb sehr gut, so dass ich ihn auch von meiner Seite aus beauftragt habe, mir bei der Ausarbeitung des Businessplans behilflich zu sein.

Und was die Wert- und die Preisermittlung betraf, habe ich mich mit dem Steuerberater von Herrn Mott und den Hausbanken in Verbindung gesetzt. Alle hatten das Unternehmen viele Jahre lang begleitet und waren an dessen erfolgreicher Fortführung interessiert, so dass sie mich gemeinsam mit der IHK Heilbronn bei meinen Vorbereitungen tatkräftig unterstützt haben.

Können Sie sagen, warum sich Herr Mott für Sie als Nachfolger entschieden hat?

Junker: Ich denke, für ihn war das Gesamtpaket stimmig. Er wusste, dass mein Entschluss, ein Unternehmen zu übernehmen, kein Schnellschuss, sondern das Ergebnis intensiver Überlegungen war. Hinzu kamen meine Qualifikationen und beruflichen Erfahrungen: Ich hatte Betriebswirtschaft studiert und Auslandspraktika in der German Thai Chamber of Commerce in Bangkok sowie der German American Chamber in Chicago absolviert. Anschließend war ich in verschiedenen Unternehmen in leitenden Positionen beschäftigt und hatte alles andere als einen nine-to-five-Job. Von daher hatte Herr Mott offensichtlich den Eindruck, dass der Betrieb bei mir in guten Händen ist und die Arbeitsplätze seiner 45 Mitarbeiter gesichert sind.

Zum Gesamtpaket gehört auch die Finanzierung. Wie sind Sie vorgegangen?

Junker: Um den Kaufpreis zu finanzieren, konnte ich dank der Unterstützung durch die Volksbank Main-Tauber diverse Förderprogramme in Anspruch nehmen. Die Fäden liefen alle bei der Hausbank zusammen, mit der das Unternehmen bereits seit Jahren zusammenarbeitete.

Wie lange hat der gesamte Übernahmeprozess gedauert?

Junker: Das ging alles relativ schnell über die Bühne. Von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Notartermin verging nur ein halbes Jahr. Am 1. Januar 2015 habe ich den Betrieb übernommen. Das ging praktisch von einem Tag auf den anderen. Herr Mott sagte „Da, mach!“ und hat seine Chefrolle relativ schnell abgelegt. Nichts desto trotz stand er mir noch ein Jahr lang mit Rat und Tat zur Seite. Wir hatten das gestaffelt: im ersten Quartal 40 Stunden die Woche, im zweiten Quartal 30, im dritten 20 und so weiter. Bei Bedarf kann ich ihn auch heute noch um Rat fragen – was ich auch hin und wieder tue.

Wurden Sie von den Mitarbeitern sofort als neuer Chef akzeptiert?

Junker: In der Anfangsphase kam es schon vor, dass der eine oder andere Mitarbeiter sich noch an Herrn Mott gewandt hat. Aber der hat dann ganz klar gesagt: „Wendet euch an den neuen Chef, der entscheidet.“ Wenn jemand 20 Jahre und länger Chef war, dann ist er in den Augen der Mitarbeiter halt immer noch der Boss. Das ist klar. Es gibt heute noch Mitarbeiter, die sagen „wir haben mit dem Chef gesprochen“ und meinen damit Herrn Mott. Aber da stehe ich gelassen drüber. Das passt schon.

Trotzdem: Von den Mitarbeitern als neuer Chef akzeptiert zu werden, ist eine sensible Angelegenheit.

Junker: Es ist für alle Beteiligten ein Prozess. Und schlussendlich nähert man sich im Laufe der Zeit an. Ich pflege einen Führungsstil, der die Mitarbeiter stärker in Entscheidungen einbindet, aber dadurch auch mehr fordert. Das unterscheidet sich schon von dem eher traditionellen Führungsstil, der zuvor in dem Unternehmen praktiziert wurde. Aber ich denke, die Tatsache, dass nach wie vor derselbe Mitarbeiterstamm im Unternehmen ist, spricht dafür, dass man mich als Mensch und Chef akzeptiert.

Sie haben am 1. Januar 2015 den Chefsessel übernommen. Inwiefern hat sich das Unternehmen unter Ihrer Führung verändert?

Junker: Der Betrieb war schon vor meinem Einstieg auf dem richtigen Weg, und ich sorge dafür, dass es so bleibt. Was in der Vergangenheit gut war, das machen wir weiterhin so. Und das, was in der Vergangenheit hätte besser sein können, da arbeiten wir dran. Wir haben zum Beispiel unsere Produkte in weiteren Segmenten wie der Arbeitsergonomie platziert. Die spielt u.a. in der Automobilzulieferindustrie eine große Rolle. Außerdem haben wir den Vertrieb unter die Lupe genommen. Es gibt Marktsegmente, die in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich funktionieren. Von daher haben wir den Markt neu strukturiert. Das heißt, wir bieten unsere Produkte in zusätzlichen Märkten an. Dazu gehört, dass wir unseren Auslandsmarkt kontinuierlich ausbauen. Das alles geht nicht ohne zusätzliche Mitarbeiter. Das bedeutet, wir sind gerade dabei, neue Arbeitsplätze einzurichten.

Wir haben außerdem diverse Bereiche im Unternehmen optimiert und dafür externe Beratung in Anspruch genommen, die wir über das Programm „Förderung unternehmerischen Know-hows“ anteilig finanziert haben. Kürzlich haben wir zum Beispiel ein Energie-Audit durchgeführt und anschließend Maßnahmen zur Wärmerückgewinnung eingeleitet.

Wenn Sie ein nachfolgeinteressierter Gründer fragen würde, worauf es bei einer Unternehmensnachfolge ankommt: Was würden Sie ihm antworten?

Junker: Er sollte sich grundlegende Gedanken darüber machen, ob er diesen Schritt tatsächlich gehen und ein Unternehmen übernehmen möchte. Das ist eine Lebensaufgabe, der man sich da stellt. Da muss auch die Familie mitziehen. Wenn die Familie nicht dahintersteht, funktioniert das nicht auf Dauer. Bei uns ist es so, dass meine Frau inzwischen sogar in der Buchhaltung des Unternehmens mitarbeitet. Und die Kinder schauen gespannt zu.

Wenn Sie Bilanz ziehen: Was würden Sie als besonders positiv bewerten?

Junker: Was mir großen Spaß macht, sind die vielen Gestaltungsmöglichkeiten. Man sieht zwar nicht jeden Tag den Erfolg seiner Arbeit. Aber wenn dann der eine oder andere Mitarbeiter oder Kunde ein positives Feedback gibt, freut man sich. Unter dem Strich würde ich daher heute sagen, dass sich meine Erwartungen erfüllt haben.

Stand: März 2017