Rainald Schulte
Rainald Schulte ©  Klang und Blau – Mediengesellschaft mbH, Chemnitz

Herr Schulte, Sie haben über 20 Jahre in der Luftfahrtbranche gearbeitet und sind nun Inhaber eines Unternehmens in der Bekleidungsindustrie. Wie kam es dazu?

Schulte: Ich war tatsächlich viele Jahre in der Luftfahrtbranche tätig und habe ein eigenes Lufttaxiunternehmen besessen sowie Luftfahrtunternehmen beraten. Darüber hinaus war ich in verschiedenen Luftfahrtunternehmen als Geschäftsführer aktiv. Aber nach über 20 Jahren wollte ich einfach etwas Neues ausprobieren.

Und das bedeutete, ein eigenes Unternehmen in der Textilbranche zu übernehmen?

Schulte: Ja und nein: Bevor ich mein Hobby, die Luftfahrt, zu meinem Beruf machte, war ich viele Jahre in einem internationalen Unternehmen in der Textilbranche beschäftigt und habe dort als Geschäftsbereichsleiter für den weltweiten Vertrieb das Marktumfeld der Berufsbekleidung aufgebaut. Insofern bin ich mit der Branche sehr vertraut und verfüge über ein großes Netzwerk. Nach meinem "Ausflug" in die Luftfahrt hat es mich einfach gereizt, wieder im Bereich Bekleidung zu arbeiten. Und weil ich glaube, dass mir das Kaufen und Verkaufen auf den Leib geschnitten ist, bot es sich an, ein Handelsunternehmen in dem Bereich zu suchen. Aufgrund meines fortgeschrittenen Lebensalters, erschien mir die Übernahme eines bestehenden Betriebs besser geeignet als eine Neugründung.

Sie haben über nexxt-change zunächst in Westdeutschland nach einem Unternehmen gesucht und sind dann im sächsischen Erzgebirge gelandet.

Schulte: Ja, ich habe eine ganze Weile gesucht. Aber erst als ich zu meiner Lebensgefährtin in die Nähe von Chemnitz gezogen bin, habe ich mit Unterstützung der IHK Chemnitz und nexxt-change das Unternehmen gefunden, was mir heute gehört.

Was hat Sie damals überzeugt?

Schulte: Zunächst einmal hat die Betriebsgröße gestimmt: Ich wollte ein kleines mittelständisches Unternehmen in einem bestimmten Umfeld. Das traf auf die IBS GmbH mit ihren neun Mitarbeitern zu. Hinzu kam, dass der Gesamteindruck sehr gut war. Man hat einfach gesehen, dass der Betrieb ordentlich geführt wurde. Entscheidend war aber nicht zuletzt, dass von Anfang an zwischen der Inhaberin, Dr. Ilona Bachmann, und mir die "Chemie" stimmte, so dass wir in aller Offenheit alle wichtigen Fragen besprechen konnten.

Dr. Ilona Bachmann, Rainald Schulte
Dr. Ilona Bachmann, Rainald Schulte ©  Klang und Blau – Mediengesellschaft mbH, Chemnitz

Wer hat Sie bei der Vorbereitung der Unternehmensnachfolge unterstützt?

Schulte: Es gab drei Player, die eine wichtige Rolle gespielt und mit mir zusammen an einem Strang gezogen haben. Das eine ist die Erzgebirgs-Sparkasse Marienberg, die mich bei der Unternehmensauswahl, Finanzierung und auch bei der Übernahme begleitet hat. Hinzu kam die tatkräftige Unterstützung der Bürgschaftsbank Sachsen. Die IHK Chemnitz hat das Ganze koordiniert und ihren Sachverstand eingebracht. Dieses „Triumvirat“ ist mir während des gesamten Übertragungsprozesses zur Seite gestanden.

Gab es Themen, die besonders beratungsintensiv waren?

Schulte: Ja, dazu gehörte zum Beispiel die Erstellung des Businessplans. Der Businessplan ist letztendlich die Grundlage für ein Finanzierungskonzept und muss einer wirtschaftlichen Prüfung standhalten. Von daher war es sehr hilfreich, dass mich die IHK mit ihrem qualifizierten Personal hier ausgiebig beraten konnte.

Wie haben Sie die Übertragung des Unternehmens gestaltet? Ist Ihre Vorgängerin noch eine Weile im Unternehmen geblieben?

Schulte: Ich wollte auf jeden Fall, dass mich Frau Dr. Bachmann noch drei Monate im Unternehmen in Vollzeit begleitet, was sie auch mit Freude und Tatkraft getan hat. Als es dann soweit war, dass ich mich „freigeschwommen“ hatte und mit den betrieblichen Abläufen vertraut war, hat sie sich aus dem Unternehmen zurückgezogen. Das verlief alles sehr einvernehmlich.

Sie haben das Unternehmen am 1. Juli 2016 übernommen. Was haben Sie seitdem im Unternehmen verändert?

Schulte: Ich habe zunächst das Warenwirtschaftssystem und die Lagerhaltung neu aufgestellt und anschließend damit begonnen, den Außendienst auszubauen und neu zu organisieren: mit klaren Zielvereinbarungen, neuer Kundendefinition und neuen Vertriebsgebieten. Das hat bereits zu einem spürbaren Wachstum geführt, so dass wir im Innendienst zwei neue Mitarbeiter eingestellt haben. Zwei weitere Außendienstmitarbeiter kommen Anfang März.

Wo sitzen Ihre Kunden?

Schulte: Wir haben zwar auch Kunden in Tschechien, Italien und Belgien, aber den Hauptumsatz machen wir hier in Deutschland - vor allem in Ostdeutschland. Da besteht immer noch Wachstumspotenzial. Im nächsten Schritt werden wir unser Geschäft auf weitere Bundesländer ausweiten.

Sie haben neun Mitarbeiter übernommen. Wie haben die den Wechsel auf dem Chefsessel aufgenommen?

Schulte: Sehr positiv. Die Mitarbeiter waren froh, dass der Betrieb fortgeführt wird und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Und seitdem noch mehr Arbeitsplätze hinzu gekommen sind und sich das Geschäft weiterhin gut entwickelt, sind sie natürlich noch zuversichtlicher. Unter dem Strich kann ich sagen, dass das Team hinter mir steht und sich über den kooperativen Führungsstil freut. Auch wenn meine Mitarbeiter zunächst lernen mussten, mit der neu gewonnen Verantwortung, die ich Ihnen übertragen habe, umzugehen.

Wenn Sie Bilanz ziehen: Auf was kommt es Ihrer Erfahrung nach an, damit eine Unternehmensnachfolge erfolgreich ist?

Schulte: Wichtig ist eine gute Kooperation zwischen IHK und Banken. Und als Unternehmensnachfolger kann man dazu beitragen, indem man einen offenen und ehrlichen Umgang mit allen Beteiligten pflegt.

In dem Zusammenhang möchte ich noch einen Punkt ergänzen, auch wenn er mich selbst zum Glück nicht betroffen hat: Ich weiß durch meine vielen Gespräche mit Kammern, Banken und Unternehmern, dass es immer wieder zu Konflikten kommt, weil Vereinbarungen nicht eingehalten werden. Dabei möchte ich insbesondere allen Unternehmern, die ihren Betrieb veräußern möchten, empfehlen, sich genau zu überlegen, wie viel Geld sie für ihren Betrieb haben möchten. Ich habe erlebt, wie Banken, auch Förderbanken, völlig irritiert waren, wenn auf einmal neue Forderungen gestellt wurden, die so nicht vereinbart waren. Nur weil dann einfach die Gier einsetzte. Daher mein Rat an alle Unternehmer: Erstellen Sie mit aller Sorgfalt ein Konzept, aus dem hervorgeht, wie Sie sich die Unternehmensübertragung vorstellen und kalkulieren Sie einen nachvollziehbaren Kaufpreis für das Unternehmen, bevor Sie einen Nachfolger suchen. Und dann bleiben Sie bitte bei allen nachfolgenden Verhandlungen bei Ihrem Konzept. Ich finde, kaufen und verkaufen ist immer noch, wie seit Jahrtausenden, eine Frage der Fairness. Und wenn Menschen mit Menschen Geschäfte machen, geht es vor allem um Vertrauen und Kompetenz.

Stand: Februar 2017