Porträt von Steffen Jahrow und Sebastian Mende
©  Lena Paul, Forster Wochenblatt

Herr Jahrow, es ist schon ein paar Jährchen her, dass Sie Ihren Betrieb gegründet haben.

Jahrow: Ja, das war vor 29 Jahren. In all den Jahren ist viel passiert. Es gab viele Höhen und Tiefen. Aber seit zehn Jahren beschäftige ich stabil sechs Mitarbeiter. Die Auftragslage ist also gut.

Was genau bieten Sie an?

Jahrow: Klassische Elektroinstallationen - angefangen bei Reparaturen bis hin zur Planung, Programmierung und Installation von Elektroanlagen für Eigenheime, Kommunen und Industrieanlagen.

Sie haben im vergangenen Jahr einen Nachfolger für Ihr Unternehmen gesucht. Wo und wie haben Sie gesucht?

Jahrow: Ich habe mich an die Handwerkskammer Cottbus gewandt und meinen Betrieb über eine Anzeige angeboten. Erstaunlicherweise haben sich dann recht schnell Interessenten gemeldet. Darunter viele große Betriebe aus der gesamten brandenburgischen Region. Mein Eindruck war allerdings, dass die eigentlich nur an meinen Arbeitskräften für den Einsatz an weit entfernten Baustellen interessiert waren. Diese Anfragen habe ich abgelehnt. Ich „verkaufe“ meine Mitarbeiter nicht. Mir war daran gelegen, einen seriösen Interessenten zu finden, der den Betrieb zusammen mit den Mitarbeitern hier in der Lausitz weiterführt.

Und wie ging es dann weiter?

Jahrow: Irgendwann habe ich dann die Ohren hängen lassen, weil es doch nicht so einfach war, jemanden zu finden. Aber dann kam der Zufall ins Spiel: Ein Geschäftspartner erzählte mir, dass in seiner Volleyballmannschaft ein junger Mann ist, der sich gerade auf seine Prüfung als Elektrotechnikermeister vorbereitet und sich anschließend selbständig machen möchte. Da habe ich gesagt: „Na dann: Mein Betrieb ist noch zu haben.“ Und so kam die Sache ins Rollen.

Herr Mende hat sich dann bei Ihnen vorgestellt?

Jahrow: Ja, und er hat von Anfang an einen recht guten Eindruck auf mich gemacht. Er hat den notwendigen Biss, den man als Unternehmer braucht. Bei einem der Gespräche hat er dann auch seine Frau mitgebracht, damit sie sehen konnte, was er für ein Unternehmen übernehmen möchte und wie seine zukünftige Arbeit aussehen würde.

Mende: Ich glaube, wir haben uns drei oder viermal getroffen, so dass ich irgendwann wirklich sagen konnte: Ja, ich habe Lust darauf und will das unbedingt machen und kann es auch angehen, weil meine Familie hinter mir steht. Wir hatten schon an der Meisterschule heiße Diskussionen darüber, ob man besser neu gründet oder einen Betrieb übernimmt. Damals bin ich zu dem Schluss gekommen: Wenn ich einen soliden Betrieb finde, gebe ich dem den Vorzug gegenüber einer Neugründung.

Und der Betrieb von Herrn Jahrow ist offensichtlich solide.

Mende: Ja, das habe ich anhand der Zahlen gesehen. Aber das allein ist es nicht. Das ist hier wie eine kleine Familie, so muss man sich das vorstellen. Ich kenne das aus anderen Betrieben, dass auf dem kleinen Mann nur rumgeklopft wird. So etwas wollte ich nicht. Mir ist das Betriebsklima sehr wichtig. Und hier in dem Betrieb von Herrn Jahrow stimmt es eben. Der Bekanntheitsgrad spielt natürlich auch eine Rolle. Herr Jahrow ist ja im Einzugsgebiet Forst, Spremberg, Cottbus unterwegs, und hat dort schon einige Baustellen betreut – unter anderem mit Leuten, die ich kenne. Und da habe ich schon den Eindruck gewonnen, dass das ein super Betrieb ist. Ich habe mir gesagt, der Betrieb ist so bekannt, da kann man was draus machen. Irgendwie muss man ja immer was draus machen. Man kann ja nicht einfach die Hände in den Schoß legen.

Jahrow: Ja, so sehe ich das auch. Wir haben dann vereinbart, dass du nach deiner bestandenen Meisterprüfung als Elektrotechniker hier am 1. Mai 2019 als Angestellter anfangen und, wenn alles gut geht, zum Jahreswechsel den Betrieb übernehmen kannst.

Das heißt, Sie haben Herrn Mende in den letzten acht Monaten auf seine Chefrolle vorbereitet?

Jahrow: Richtig. Wir sind wie Siamesische Zwillinge durch die Gegend gezogen. Ich habe ihn überall mit hingenommen, sei es zu Bauberatungen oder zu Kundengesprächen. Es ging nicht so sehr darum, dass er produktiv tätig sein sollte, sondern dass er den kompletten Tagesablauf, mit Stresssituationen, mit Ruhephasen und allem Drum und Dran kennenlernt. Inzwischen leitet er sogar schon eine Baustelle.

Herr Mende, wie haben Sie die letzten Monate erlebt? War die gemeinsame Übergangsphase eine gute Entscheidung?

Mende: Ich finde, das war ein super Schachzug von uns beiden. Dadurch konnte ich die ganzen Abläufe kennenlernen. Klar würde ich die eine oder andere Sache etwas anders gestalten. Herr Jahrow führt den Betrieb seit 29 Jahren, da haben sich gewisse Dinge einfach eingeschliffen, die man optimieren kann, um Zeit und Ressourcen zu sparen.

Herr Jahrow, eine Betriebsübergabe muss rechtlich, finanziell und steuerlich vorbereitet werden. Wer hat Sie dabei unterstützt?

Jahrow: Ich hatte im Vorfeld Kontakt mit der Handwerkskammer Cottbus, die mich zu allen Fragen der Vorbereitung, wie zum Beispiel zur Ermittlung des Unternehmenswertes oder auch zu arbeitsrechtlichen Aspekten sehr gut unterstützt hat. Auch die Übertragung von Grundstück und Gebäude musste geregelt werden. Das heißt, man braucht einen Notar, man muss mit der Bank sprechen, einen Kaufvertrag aufsetzen usw. Alles in allem führt das schon zu einem ziemlichen Zusatzaufwand, der neben der täglichen Arbeit anfällt.

Herr Mende, wer hat Ihnen bei den Vorbereitungen geholfen?

Mende: Ich hatte einen Existenzgründungsberater der HWK Cottbus, der mir so ziemlich bei allen Fragen geholfen hat: Wie erstellt man zum Beispiel einen Businessplan? Das ist gar nicht so einfach, schon allein wegen der Formulierungen. Man kann ja nicht einfach schreiben „Ich möchte die Firma Jahrow übernehmen“. Man muss erklären, was das für ein Betrieb ist, wo sich der Betrieb befindet, was man damit vor hat usw. Insgesamt nimmt der Businessplan viel Zeit in Anspruch. Hinzu kommen all die rechtlichen Dinge, die man beachten muss. An der Meisterschule werden diese Fragen nur ganz grob angeschnitten, von daher war es gut, dass mir die HWK mit Rat und Tat zur Seite stand. Außerdem hatte ich einen Bankberater, der mir im Vorfeld der Finanzierung sehr gut geholfen hat. Und nicht zuletzt hatte ich noch einen Top-Steuerberater, der mit mir gemeinsam den Businessplan erarbeitet hat.

Herr Jahrow, Sie haben über viele Jahre das Unternehmen aufgebaut. Da ist es nicht einfach, den Chefsessel aufzugeben und das Unternehmen in neue Hände zu übergeben. Wie gehen Sie damit um?

Jahrow: Das sprechen Sie was an. Das ist natürlich eine sehr schwierige Geschichte. Ich denke, das wird auch noch lange nachwirken. Was ich Herrn Mende angeboten habe und was er auch angenommen hat, ist, dass ich ihn zukünftig noch unterstützen werde, zum Beispiel auf Baustellen. Aber als mein Nachfolger entscheidet er natürlich selbst. Ich bin nun 66, er ist 30. Das bedeutet, er geht an viele Dinge anders ran, bei denen ich sagen würde, na ja ... Aber er muss sich seine Hörner selber abstoßen.
Ich habe in meiner Anfangszeit, als ich den Betrieb aufgebaut habe, auch nicht alles richtig gemacht. Da muss eben jeder seine eigenen Erfahrungen machen. Nur: Dazu muss derjenige, der den Betrieb abgibt, auch loslassen können.

Aber genau dieses Loslassen fällt vielen sehr schwer.

Jahrow: Ja, deshalb will ich auch nicht als Angestellter weiter im Betrieb arbeiten. Ich möchte nicht früh morgens an den Arbeitsbesprechungen mit meinen ehemaligen Mitarbeitern teilnehmen. Nach 29 Jahren mischt man sich da automatisch ein. Das geht nicht. Dann sitze ich lieber bei den Baustellengesprächen mit dabei und höre mir an, was die Architekten, Handwerker und Auftraggeber zu sagen haben und teile anschließend Herrn Mende mit, wie ich das einschätze.

Herr Mende, wie soll es zukünftig weitergehen? Welche Schwerpunkte möchten Sie setzen?

Mende: Ich werde verstärkt private Kunden akquirieren. Herr Jahrow hat viele große öffentliche Aufträge bearbeitet, aber ich würde gerne den privaten Markt noch weiter ausbauen. Außerdem werde ich, was auch naheliegend für einen Elektrobetrieb ist, verstärkt in Richtung Fotovoltaik und E-Mobilität steuern.

Freuen Sie sich schon darauf, zum Jahreswechsel den Chefsessel zu übernehmen?

Mende: Ja, unbedingt, obwohl ich auch traurig bin, dass Herr Jahrow dann nicht mehr so oft im Unternehmen sein wird. Aber ich freue mich ultra auf diese herausfordernde Aufgabe, weil ich auch noch so jung bin. Ich kann noch viel lernen. Es ist einfach eine tolle Herausforderung für mich, alles zu managen, sowohl im Büro als auch draußen für die Jungs. Da bin ich schon voller Tatendrang.

Zur Hörfassung des Interviews (Kurzfassung) mit Steffen Jahrow und Sebastian Mende

Mit freundlicher Unterstützung der Handwerkskammer Cottbus

Stand: Dezember 2019