Christina Aßmuth und Pascal Klinker stehen hinter der Theke ihrer Bäckerei.
Pascal Klinker und Christina Aßmuth ©  Bäckerei Blömker GmbH

Herr Klinker, Sie haben zusammen mit Ihrer Partnerin im letzten Jahr die Bäckerei Blömker mit fünf Filialen, einer zentralen Produktion und 40 Mitarbeitern übernommen. Das ist keine Kleinigkeit. Wäre es nicht einfacher gewesen, eine neue Bäckerei zu eröffnen?

Klinker: Nein, denn auf dem Backwarenmarkt gibt es bereits sehr viele Anbieter. Der Markt ist praktisch gesättigt. Von daher war uns von vorneherein klar, dass es sinnvoller ist, einen gut gehenden Betrieb zu übernehmen, anstatt sich auf eine Neugründung einzulassen. Bei einem bestehenden Unternehmen kann man auf bewährten Strukturen aufbauen, das Personal ist eingearbeitet und es gibt bereits einen Kundenstamm. Man kann also in den laufenden Betrieb einsteigen und ihn dann bei Bedarf nach seinen eigenen Vorstellungen verändern.

Bei der Suche nach einem geeigneten Unternehmen haben Sie die nexxt-change-Börse genutzt. Warum?

Klinker: Weil die Börse gut gefüllt ist mit Unternehmen, die gerne übernommen werden wollen. Das Angebot ist übersichtlich und die Suche einfach. Die Inserate verraten zwar nicht alles, aber man bekommt doch eine Vorstellung davon, wie groß der Betrieb ist, wo er liegt und an welchen Regionalpartner man sich wenden muss.

Unter den Suchergebnissen war dann auch die Bäckerei Blömker. Wie haben Sie festgestellt, dass der Betrieb der richtige für sie ist?

Klinker: Am wichtigsten ist in diesem Fall das Gespräch mit den Inhabern. Daraus kann man direkt ableiten, ob der Betrieb vernünftig und strukturiert geführt wird, ob da wirklich Herzblut und handwerklicher Geist drinstecken. Und genauso war es, als wir das Ehepaar Blömker näher kennengelernt hatten. Da wussten wir, dass der Betrieb in guten Händen lag. Im zweiten Schritt haben wir uns dann alles näher angeschaut: die Backstube, die Verkaufsläden, die Mitarbeiter, die Kundenstruktur, die betrieblichen Zahlen. Das machte alles einen sehr guten Eindruck, so dass wir dann mit den Blömkers vereinbart haben, dass ich für eineinhalb Jahr als Angestellter in der Bäckerei arbeiten werde, um den Betrieb von der Pike auf kennenzulernen und dann zu entscheiden, ob eine Übernahme tatsächlich in Frage kommt.

Das heißt, Sie haben richtig mit angepackt?

Klinker: Ja klar, besser kann man einen Betrieb nicht kennenlernen. Ich habe in der Backstube, im Versand und im Büro gearbeitet und habe die Läden betreut. Und während dieser Zeit fiel dann für mich und meine Partnerin auch die Entscheidung, so dass wir gesagt haben: Ja, das machen wir.

Und in welchem Rahmen fand der Übergang auf dem Chefsessel statt?

Klinker: Die formale Übertragung fand am 1. Juli 2015 statt, aber wir sind da sehr behutsam vorgegangen, so dass es für die Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten eher ein gleitender Übergang war. Herr Blömker ist auch nicht „aus der Welt“, sondern nach wie vor hier im Betrieb und arbeitet nun als beratender Angestellter.

Wie haben die Mitarbeiter auf Sie und Ihre Partnerin als neue Inhaber reagiert?

Klinker: Positiv. Bei 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gibt es natürlich unterschiedliche Meinungen. Manche haben auch gar nicht reagiert. Aber die meisten haben sich sehr gefreut, dass es weitergeht.

Zum Glück gab und gibt es auch kein „Kompetenzgerangel“ zwischen mir und Herrn Blömker. Bis zum 31. Juni war Herr Blömker ja noch Inhaber und damit federführend für alle betrieblichen Entscheidungen. Wobei er sich immer mit mir abgestimmt hat, wenn es um Dinge ging, die die Zukunft des Unternehmens betrafen. Ich muss wirklich sagen, wir haben sehr gut zusammengearbeitet. Und die Mitarbeiter wussten, dass wir beide etwas zu sagen hatten und wie weit meine Kompetenzen gehen. Heute ist es so, dass sich Herr Blömker bei Entscheidungen zurücknimmt, aber immer noch die Kompetenz hat, Anweisungen zu geben. Das wissen auch alle Mitarbeiter. Und damit kommen alle klar.

Vielen ehemaligen Unternehmern fällt es schwer, wenn sie im Betreib nicht mehr das Sagen haben. Zwischen Ihnen und Herrn Blömker scheint das aber kein Thema zu sein.

Klinker: Die Bedenken hatten wir beide auch. Aber er konnte sich besser zurücknehmen als gedacht und genießt die neue Freizeit. Er hat ja vor allem eine beratende Funktion, und wenn mal Not am Mann ist, hilft er mir. Bei fünf Verkaufsgeschäften gibt es natürlich viele Fragen, so dass ich oft auf seine Erfahrung zurückgreifen muss. Vor allem im Umgang mit größeren Kunden. Aber das klappt wunderbar.

Apropos Kunden: Wie haben die reagiert?

Klinker: Ehrlich gesagt, hatte ich zunächst Bedenken, dass es heißt, die Backwaren seien nicht mehr so gut wie früher. Aber das war nicht der Fall. Im Gegenteil: Alle Kunden haben durchweg positiv reagiert. Viele finden es auch toll, dass die letzte Bäckerei in Lengerich weiter existiert und die Mitarbeiter dort weiterarbeiten können.

Das hört sich ja alles gut an. Hatten Sie bei Ihren Vorbereitungen auch externe Beratung in Anspruch genommen?

Klinker: Aber ja. Die Handwerkskammer Münster hat uns intensiv beraten. Und der Bäckerinnungsverband stand uns bei der Unternehmensbewertung zur Seite. Den größten Anteil an den Vorbereitungen hat darüber hinaus eine private Steuerberatungsgesellschaft geleistet, die sich zum Beispiel um die Verträge und die Abstimmung mit den Anwälten gekümmert hat. Erfreulicherweise wurde die Beratung von der Landesgewerbeförderstelle des nordrheinwestfälischen Handwerks gefördert.

Sie haben die Bäckerei Blömker gekauft. Wie haben Sie die Kaufsumme finanziert?

Klinker: Über ein Bankdarlehen und das ERP-Kapital für Gründung. Das war weitgehend problemlos, da wir mit der Bank gut zusammengearbeitet haben und darüber hinaus hier vor Ort durch eine Mitarbeiterin der KfW beraten wurden.

Und wie sehen Ihre nächsten unternehmerischen Schritte aus?

Klinker: Kunden und Qualität halten und kleine Veränderungen angehen. Wir modernisieren unser Sortiment in kleinen Schritten. Vielleicht werden wir in den nächsten zwei Jahren noch eine weitere Filiale eröffnen. Wachstum mit Bedacht, wie man so schön sagt.

Gibt es Tipps, die Sie anderen nachfolgeinteressierten Gründern geben können?

Klinker: Seien Sie sich im Klaren darüber, dass man als Unternehmer keinen Acht-Stunden-Tag hat, und dass man auch viel Arbeit mit nach Hause nimmt. Man denkt fast immer an den Betrieb. Damit muss man sich vorher ganz genau auseinandersetzen. Ich weiß nicht, ob damit jeder klarkommt. Für mich und meine Partnerin ist es ein Teil der persönlichen Selbstverwirklichung: alles nach eigenen Plänen zu gestalten und zu formen.

Stand: Februar 2016