Philipp Denz, ein Mann mit Brille vor einer Wand mit verschiednen Modellen von Sprechanlagen
Philipp Denz ©  Martina Dach

Herr Denz, aus welchen Gründen haben Sie sich für eine Nachfolge entschieden? Warum haben Sie nicht einfach ein Unternehmen neu gegründet?

Denz: Zunächst einmal habe ich generell in der Entscheidung, mich selbständig zu machen, eine gute Chance gesehen, mich persönlich weiterzuentwickeln und meine Ideen in die Tat umzusetzen. Als Angestellter in einem Konzern habe ich doch leider immer wieder feststellen müssen, dass Verbesserungsvorschläge aufgrund der schwerfälligen Strukturen nicht oder nur sehr langsam umgesetzt wurden. Das war auf die Dauer frustrierend.

Warum ich mich dann für eine Nachfolge und nicht für eine Neugründung entschieden habe, lag vor allem daran, dass ich in der Übernahme eines bestehenden Unternehmens eine gute Möglichkeit gesehen habe, um dem allseits herrschenden Fachkräftemangel zu begegnen. Ich habe elf qualifizierte und erfahrene Mitarbeiter übernommen und damit vom Start weg eine sehr gute Basis gehabt, die ich inzwischen erfolgreich ausbauen konnte. Heute sind es 13 Mitarbeiter und ein Auszubildender.

Was bietet Ihr Unternehmen an?

Denz: Wir sind spezialisiert auf Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser und bieten die komplette Installation im Bereich Elektro, Heizung und Sanitär an. Wobei unser Schwerpunkt im Bereich regenerative Energien, also Photovoltaik und Wärmepumpen liegt.

Sie haben das Unternehmen über die nexxt-change Unternehmensnachfolgebörse gefunden.

Denz: Ja, es gibt zwar viele Plattformen, auf denen Unternehmen zum Verkauf angeboten werden, aber nexxt-change hat schon das größte Angebot. Bei dem Elektrotechnik Unternehmen von Herrn Müller kam dazu, dass ich nicht nur über die nexxt-change Börse darauf aufmerksam wurde, sondern mir der Betrieb auch über meine Kontakte hier vor Ort empfohlen wurde. Von daher war das schon ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich um ein solides Unternehmen handelt.

Wie haben Sie sich auf die Übernahme vorbereitet?

Denz: Vom ersten Gespräch bis zur Vertragsunterzeichnung hat es ungefähr ein Jahr gedauert. Im Rahmen des Moderatorenkonzepts Unternehmensnachfolge Baden-Württemberg wurden sowohl Herr Müller als auch ich über den gesamten Nachfolgeprozess von der Industrie- und Handelskammer Ulm hinweg begleitetet. Ich erfuhr darüber zum Beispiel, welche Fördermöglichkeiten es gibt. Außerdem konnte ich mich mit Hilfe eines Steuerberaters in die Unternehmensunterlagen einarbeiten – nicht zuletzt um den Unternehmenswert zu ermitteln. Natürlich ging es auch um die Finanzierung des Kaufpreises, so dass ich sowohl von der Hausbank des Unternehmens als auch – zum Vergleich – von einer weiteren Bank ein Angebot eingeholt habe. Beide waren aber letztendlich sehr ähnlich.

Beim Kaufpreis gehen die Vorstellungen zwischen Unternehmer und Nachfolger nicht selten auseinander. Wie war das bei Ihnen und Herrn Müller?

Denz: Das ist ein Punkt, den ich der IHK Ulm hoch anrechnen muss. Unser Nachfolgemoderator Joachim Rupp hat uns sozusagen beide „ins Gebet“ genommen und dazu beigetragen, dass wir uns auf einen reellen Preis geeinigt haben. Einerseits hat er meinen Vorgänger in gewisser Weise geerdet, was seine Preisvorstellung anging, andererseits hat er mir klar gemacht, dass ein vernünftiges Unternehmen nicht „für ’n Appel und ’n Ei“ zu haben ist. Von daher gab es keine großen Differenzen zwischen uns.

Wissen Sie, warum sich Herr Müller letztendlich für Sie als Nachfolger entschieden hat?

Denz: Ein Vorteil ist sicherlich, dass ich aus der Region komme. Entscheidend waren aber meine beruflichen Erfahrungen. Im Unterschied zu den vielen anderen Bewerbern, war ich in den letzten 20 Jahren nicht nur im Installationsbereich auf Baustellen tätig. Im Gegenteil: Ich war im Anlagenbau, Maschinenbau, Vertrieb und in der Projektleitung „unterwegs“ und habe jede Menge Führungserfahrung gesammelt. Allein fünf Jahre lang habe ich das Projekt für einen Schaltschrankbau mit 20 Mitarbeitern geleitet. Zuvor war ich in Projekte für große Bürogebäude sowie Flughäfen involviert und zweieinhalb Jahre im Dienstleistungsvertrieb für einen Netzbetreiber beschäftigt. Von daher bin ich durchaus auch erfahren im Umgang mit Kunden.

Trotz Ihrer vielfältigen Branchen- und Führungserfahrungen: Bei der Übernahme eines Unternehmens springt man praktisch auf einen fahrenden Zug auf. Wie war die Landung auf dem Chefsessel?

Denz: Ziemlich weich! Wir hatten einen recht guten Übergang. Als klar war, dass ich die Nachfolge von Herrn Müller antreten werde, habe ich mir zunächst mit Herrn Müller die Geschäftsführung geteilt. Im letzten Jahr haben wir dann den Rollentausch vollzogen. Herr Müller ist aber nach wie vor in Teilzeit im Unternehmen, um mich bei der Planung und Kalkulation zu unterstützen. Ich denke, uns ist beiden bewusst, welche Rolle wir jetzt jeweils inne haben und von dem her funktioniert das Ganze gut. Auch die Mitarbeiter haben mich, als neuen Chef, schnell akzeptiert.

Was würden Sie anderen nachfolgeinteressierten Gründern empfehlen? Worauf kommt es an?

Denz: Wichtig ist, dass man sich mit allen Aspekten einer Unternehmensnachfolge befasst, sich über das Unternehmen umfassend informiert und sich die Zeit nimmt, das ganze Vorhaben reifen zu lassen. Schließlich handelt es sich bei der Übernahme eines Unternehmens um eine sehr weitreichende Entscheidung, die nicht nur einen selbst, sondern auch die eigene Familie und natürlich auch die Mitarbeiter des Unternehmens betrifft. In dem Zusammenhang muss einem auch bewusst sein, dass man als Unternehmer keine 40-Stunden-Woche hat. Man ist in der Regel morgens bei den Ersten und abends bei den Letzten, die das Unternehmen verlassen. Umso wichtiger ist es, dass man Ruhephasen einlegt. Dieses „Abschalten können“ muss man lernen. Am Wochenende gehe ich zum Beispiel nicht ans Telefon. Anderenfalls wäre ich sieben Tage die Woche nonstop eingespannt und das geht dann ganz klar auf Kosten der Gesundheit und des Familienlebens.

Sie sagten, dass Sie keine Probleme hatten, von den Mitarbeitern als neuer Chef akzeptiert zu werden. Wie sind Sie vorgegangen?

Denz: Die Zeiten sind ja momentan so, dass man als Unternehmer mehr auf die Mitarbeiter angewiesen ist als umgekehrt. Die klassische patriarchalische Rollenverteilung funktioniert da heute mit Sicherheit nicht mehr. Heute ist man als Arbeitgeber Mitglied eines Teams, das man moderieren muss. Als Unternehmensnachfolger übernimmt man ja Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich über die Jahre in ihrem Aufgabenbereich spezialisiert und jede Menge Praxiswissen erworben haben. Da gibt es etliche Mitarbeiter, die einfach deutlich mehr Erfahrung haben als man selbst. Auch wenn man die eine oder andere Sache einmal kritisch hinterfragt, sollte man sich glücklich schätzen, solche Mitarbeiter im Betrieb zu haben und ihre Leistungen erkennbar wertschätzen.

Können Sie sagen, wie Ihre nächsten unternehmerischen Schritte aussehen?

Denz: Wir werden uns zukünftig von der Mitarbeiterstruktur her noch breiter aufstellen. Unser Ladengeschäft und unser Produktportfolio müssen ebenfalls etwas umstrukturiert werden. Darüber hinaus wird sich im Bereich der erneuerbaren Energien verstärkt etwas tun, so dass wir die Wartung, Betreuung und Installation der Anlagen ausbauen werden.

Wenn Sie zurückblicken: War die Entscheidung, vom Angestellten- ins Unternehmerleben zu wechseln, die richtige?

Denz: Ja, rückblickend war es die richtige Entscheidung. Auch wenn sie mit mehr Arbeit und mehr Anstrengung verbunden ist - aber auch mit mehr Erfüllung. Und ich denke, das ist das Wichtigste.

Stand: September 2018