Eine Familie steht in einer Bäckerei.
Jochen Brendel, Werner Kunz und Jasmin Brendel mit Sohn Jonathan ©  Brendel’s Backwelt

Herr Brendel, Sie haben zusammen mit Ihrer Frau Anfang des Jahres 2019 eine Bäckerei übernommen. Wie kam es dazu?

Brendel: Ganz einfach: Wenn wir einen neuen Betrieb gegründet hätten, wären die Investitionskosten wesentlich höher gewesen. Wir hätten alle Maschinen neu kaufen müssen. Hinzu kam, dass wir durch die Übernahme einer gut eingeführten Bäckerei, die seit Jahrzehnten hier am Ort bekannt ist, vom ersten Tag an einen festen Kundenstamm hatten.

Warum fiel Ihre Wahl ausgerechnet auf diesen Betrieb? Was hat Sie überzeugt?

Brendel: Überzeugt hat uns die klare Ausrichtung am Handwerk, und dass wir den Betrieb nach unseren Vorstellungen weiter entwickeln konnte. Der Vorgänger, Herr Werner Kunz, hatte relativ wenig investiert. Das hatte den Vorteil, dass wir mehr Gestaltungspielraum hatten im Vergleich zu einer modernen und vollausgestatteten Bäckerei, in der alles schon an seinem festen Platz gewesen wäre.

Wie kann man sich die eigentliche Übergabe vorstellen? Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?

Brendel: Wir haben uns zunächst mehrfach von der Handwerkskammer der Pfalz beraten lassen. Die Kollegen von der HWK haben dann auf Grundlage unserer recherchierten Daten den Zahlenteil des Businessplans erstellt. Den schriftlichen Teil haben wir komplett selbst erarbeitet. Grundlage dafür war im Wesentlichen ein spezieller Leitfaden der Handwerkskammer. Da stand drin, wie ein Businessplan aufgebaut ist und was drinstehen muss. Daran haben wir uns orientiert. Unser Ansprechpartner bei der Handwerkskammer hat den Businessplan dann noch einmal im Detail durchgelesen. Anschließend habe ich ihn bei der Bank eingereicht und recht schnell den notwendigen Kredit für den Kauf des Unternehmens erhalten. Alles in allem kann ich sagen, dass die Unterstützung durch die Handwerkskammer Pfalz wirklich perfekt war. Das war ein Rundum-Sorglos-Paket.

Und woher kam die Vorlage für den Kaufvertrag?

Brendel: Den hatte der Eigentümer aus dem Internet heruntergeladen. Da haben wir noch ein, zwei Sondervereinbarungen ergänzt und dann war es gut. Herr Kunz war ja froh, dass er einen jungen Nachfolger gefunden hatte, der den Betrieb weiterführen will. Und meine Frau und ich waren froh, dass er uns keine Steine in den Weg gelegt hat und er uns nach wie vor im Betrieb unterstützt.

Er ist immer noch im Betrieb?

Brendel: Ja, ohne ihn wären wir aufgeschmissen gewesen. Ganz am Anfang hat er uns bei der Buchhaltung, den Kassen- und Tagesberichten usw. geholfen. Das war in den ersten anderthalb Wochen. Jetzt hilft er uns zweimal in der Woche in der Produktion. Aber nichtsdestotrotz geht er Anfang nächsten Jahres in Rente.

Sie haben auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernommen. Hatten Sie bereits Erfahrung in der Führung von Personal?

Brendel: Ich war vier Jahre lang Produktionsleiter in einer Großbäckerei und hatte 40 Mitarbeiter unter mir. Mit der Übernahme bin ich nun Chef von neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Vollzeit und Teilzeit. Außerdem haben wir vier Auszubildende.

Gab es im Rahmen der Unternehmensnachfolge auch besondere Herausforderungen?

Brendel: Die gab es auf jeden Fall. Im Tagesgeschäft gehen ja immer mal wieder Maschinen und Anlagen kaputt. Damit muss man rechnen. Was uns aber schon ziemlich zu schaffen gemacht hat, war, dass innerhalb der ersten sechs Wochen der Backofen kaputt ging. Der Kauf eines neuen Backofens und der damit verbundene aufwändige Einbau hat dann erstmal ein ziemliches Loch in die Kasse gerissen. Es ist uns aber dennoch gelungen, uns nach der Decke zu strecken, so dass wir alles aus eigenen Mitteln und ohne ein zusätzliches Bankdarlehen finanzieren konnten.

Wollen Sie den Betrieb zukünftig auch größer aufstellen?

Brendel: Nein, wir werden jedenfalls nicht ins Filialgeschäft einsteigen. Stattdessen haben wir uns als zweites Standbein eine Präsenz auf dem Wochenmarkt aufgebaut. Nur ein Ladengeschäft zu betreiben, ist in unserer Branche riskant. Das funktioniert vielleicht im ländlichen Raum, wo man der einzige Bäcker weit und breit ist. Aber wir haben rechts und links zwei richtig starke Kollegen im Abstand von 60 und 80 Metern. Da gibt es keine Möglichkeit, große Sprünge zu machen. Wenn uns die Kunden wegbleiben, bleiben wir auf den Kosten sitzen. Von daher ist der zusätzliche Verkauf über den Wochenmarkt wichtig. Darüber hinaus wollen wir auch Schulen und Kindergärten oder auch Unternehmen beliefern.

Der Wettbewerb ist groß. Mit welchen weiteren Strategien wollen Sie sich zukünftig am Markt behaupten?

Brendel: Durch Natürlichkeit und Ehrlichkeit. Ich stehe dazu, was in meiner Ware drin ist. Wir arbeiten als Kleinbetrieb ohne Vormischungen oder andere Helferlein. Wir machen die Füllungen selbst, auch wenn das ein großer Kostenfaktor ist. Aber das unterscheidet uns von unseren Wettbewerbern. Das sagen wir auch unseren Kunden und die wissen diese Offenheit sowie die handwerkliche Qualität unserer Produkte zu schätzen. Die können auch jederzeit mit mir in die Backstube gehen.

Auch Ihr Vorgänger hatte auf Qualität gesetzt.

Brendel: Richtig, aber er hat es nicht so kommuniziert. Das war hier seit 1930 ein Familienbetrieb. Das heißt, die Kunden haben einfach gewusst, wie hier gearbeitet wurde. Dann stand Anfang des Jahres auf einmal ein neuer Name auf dem Ladenschild und obwohl sich an der handwerklichen Arbeit und der Qualität nichts geändert hat, hieß es dann auf einmal: „Das Brot schmeckt anders, die Brötchen sind anders.“ Das hat natürlich nicht gestimmt, aber daran merkt man, wie wichtig einigen Kunden die persönliche Beziehung zu „ihrem“ Bäcker ist. Diese Kundenbeziehung muss man als Nachfolger neu aufbauen.

Haben Sie auch neue Kunden gewinnen können?

Brendel: Ja, es kommen sogar sehr viele neue Kunden, nicht zuletzt durch unseren Stand auf dem Wochenmarkt. Da kommen zum Beispiel junge Eltern, die Wert auf regionale Herkunft, hohe Qualität und kurze Wege legen, aber auch die ältere Generation, die praktisch mit den Wochenmärkten groß geworden ist.

Sie sind auch ziemlich aktiv in den digitalen Medien. Bringt Ihnen das zusätzliche Kunden?

Brendel: Kurzfristig nicht, langfristig ja. Unser Ziel ist es, die jüngere Generation als langfristige Kunden zu gewinnen und gleichzeitig den alten Kundenstamm zu erhalten. Es gibt viele, die uns in den digitalen Medien folgen und auch viele, die zu uns in den Laden kommen. Was wirklich für einen Schub gesorgt hat, ist Instagram. Dort kann ich mich mit Gruppen verlinken, mit den Wochenmärkten, mit den Stadtteilen.

Welche Tipps würden Sie anderen Nachfolgern geben?

Brendel: Es sollte keiner glauben, Rom sei an einem Tag gebaut worden. Es dauert sieben Jahre, bis man über den Berg ist. In dem Zeitraum entscheidet es sich, ob man am Markt bleibt oder nicht. Das sind sieben harte Jahre. Man muss wissen, wie die Buchführung funktioniert, man sollte in der Lage sein, die wichtigsten digitalen Medien zu bedienen und vieles mehr. Das braucht alles Zeit und verbraucht Energie, ist aber wichtig für das Tagesgeschäft.

Was uns betrifft: Wir wussten, dass es hart wird, aber es war ein Lebenstraum von meiner Frau und mir, eine eigene Bäckerei zu betreiben. Insofern bereuen wir nichts. Im Gegenteil: Früher, als Angestellte, mussten wir immer jemanden fragen, wenn eine Entscheidung anstand. Heute entscheiden wir selbst.

Stand: Oktober 2019

Mit freundlicher Unterstützung der Handwerkskammer der Pfalz