Dirk Berg
Dirk Berg ©  Dirk Berg

Herr Berg, Sie haben vor über drei Jahren ein Unternehmen gesucht, das auf dem Markt etabliert ist und einen guten Ruf sowie einen festen Kundenstamm hat. War Ihre Suche erfolgreich?

Berg: Ja, auf jeden Fall, auch wenn meine Suche gedanklich mehrere Jahre gedauert hat. Aber nachdem ich über die nexxt-change Unternehmensbörse die Dürselen GmbH & Co. KG entdeckt und mir das Unternehmen kurz darauf angesehen hatte, war ich recht schnell davon überzeugt, dass es das richtige ist. Das Maschinenbauunternehmen fertigt für verschiedene Industriebranchen Einzelkomponenten, Baugruppen nach Kundenwunsch und Sondermaschinen sowie für die grafische Industrie Papierbohrmaschinen und ist seit über 50 Jahre am Markt. Es hat einen sehr guten Namen und außerdem einen breiten und festen Kundenstamm. Ein Unternehmen mit diesem Know-how, von der Konstruktion über die Herstellung einschließlich der kompletten kaufmännischen Abwicklung vom Einkauf bis zum Vertrieb übernehmen zu können, war schon eine große Chance. Letztlich wären zwar auch andere Unternehmen infrage gekommen, aber kein Unternehmen war so aufgestellt und so passend auf mich zugeschnitten wie dieses.

Die nexxt-change Unternehmensbörse hat Ihnen damals nicht nur bei der Suche geholfen.

Berg: Das ist richtig. Über die dort angegebenen Kontakte konnte ich auch mein Beraternetzwerk ausbauen. In der Börse werden ja nicht nur die Ansprechpartner bei den Kammern aufgeführt, sondern auch Unternehmensberater, die die Übergabe beratend begleiten.

Stichwort Übergabe. Wie verlief der Wechsel auf dem Chefsessel bei Ihnen?

Berg: Das ging alles außergewöhnlich schnell. Innerhalb von fünf Monaten, von April bis September 2015, war alles unter Dach und Fach. Das lag daran, dass der Geschäftsinhaber sich bereits im höheren Alter befand und nicht mehr 100 Prozent als Geschäftsführer aktiv sein konnte und daher zeitnah eine perfekte Nachfolgeregelung angestrebt hat. Letztlich war dieser kurze Übergabezeitraum aber kein großes Hindernis für mich, da ich aufgrund meiner Berufstätigkeit die Branche kannte und als ehemaliger Geschäftsführer im Umgang mit Kunden und Mitarbeitern vertraut war.

Wie haben die Kunden und die Lieferanten und vor allem auch die Mitarbeiter auf den Wechsel reagiert?

Berg: Positiv, alle haben sich darüber gefreut, dass es mit dem Unternehmen weitergeht. Bei den Mitarbeitern ist auch der Generationswechsel gut angekommen. Es sind ja alle übernommen worden, außerdem sind viele in meinem Alter oder jünger. Insofern ist das Arbeitsklima hier sehr gut.

Bei Unternehmensverkäufen ist die Wertermittlung und Preisfindung ein sensibler Punkt. Wie haben Sie sich mit dem Eigentümer geeinigt?

Berg: Ich war über 20 Jahre in einer Unternehmensgruppe beschäftigt gewesen und habe damals mehrere Unternehmen analysiert und in die Unternehmensgruppe integriert. Darum war mir die Bewertung und Übernahme von Unternehmen nicht neu. Was ich daraus gelernt habe ist: Am Ende des Tages muss man sich auf einen fairen Wert einigen, bei dem das Unternehmen eine Chance hat, weiter zu existieren. Man schaut sich also die Vergangenheitswerte an, lässt aber die Höhen und Tiefen außen vor. Es geht darum, einen Mittelwert zu finden und einen Wert hinzuzurechnen, der die Zukunftsprognosen realistisch wiedergibt. Und dann muss man sich zusammensetzen und einen Preis festlegen.

Hat der damalige Eigentümer das genauso gesehen?

Berg: Jeder, der ein Unternehmen aufgebaut hat, hat einen bestimmten Wert im Kopf. Der setzt sich zusammen aus jahrzehntelanger Arbeit, größtem Engagement und jeder Menge Erfahrungen. Das ist ein Wert, der ist unbezahlbar. Also muss man einen wirtschaftlichen Wert finden, der für beide Seiten gerecht ist. Und da muss man den Inhaber, wenn er denn einen zu hohen Wert ansetzt, auf den Boden der Tatsachen holen und sagen: Das ist der Wert, der realistisch ist und den man bereit ist, dafür zu geben. Nur so hat das Unternehmen eine Chance, weiter zu bestehen.

Wer hat Sie bei der Wert- und Preisfindung unterstützt? Und wie sah es mit der Finanzierung aus?

Berg: Sowohl der Eigentümer mit seinem Steuerberater als auch ich mit meinem Wirtschaftsprüfer haben den Unternehmenswert dann dementsprechend festgelegt und den Return on Investment ausgerechnet. Die Finanzierung des Kaufpreises hat dann reibungslos funktioniert. Nachdem ich eine Bank gefunden hatte, habe ich darüber ein KfW-Förderdarlehen beantragt. Das war alles problemlos.

Die Finanzierung des Kaufpreises ist das eine, das andere sind womöglich anstehende Investitionen. Wie groß war der Investitionsbedarf zum Zeitpunkt der Übernahme?

Berg: Zum Glück gab es überhaupt keinen Investitionsstau. Das lag vor allem daran, dass hier quasi bis „fünf vor zwölf“ ein Nachfolger aus der Familie vorgesehen war, der sich dann ein Jahr vorher verabschiedet hatte. Aufgrund meiner beruflichen Erfahrungen konnte ich direkt erkennen, dass in den Betrieb kontinuierlich investiert worden war. Natürlich kann man trotzdem mal eine kleine „versteckte Leiche im Keller“ finden. Das ist aber normal ab einer gewissen Größe. Dieses Risiko muss man eingehen.

Wie sehen Ihre nächsten unternehmerischen Schritte aus? Welche neuen Akzente möchten Sie setzen?

Berg: Zurzeit ist alles auf Expansion eingestellt. In den letzten drei Jahren sind bereits neue Kunden hinzugekommen. Mehrere qualifizierte Mitarbeiter konnten hinzugewonnen werden. Von den räumlichen Kapazitäten her, könnten wir unsere Produktion jederzeit erweitern. Die Schwierigkeit ist eher, weitere Fachkräfte dafür zu finden. Das ist aktuell das größte Problem.

Abgesehen davon bin ich auch weiterhin auf der nexxt-change Börse unterwegs. Wenn ich hier im Umkreis ein weiteres geeignetes Unternehmen finden würde, würde ich es entweder integrieren oder am Standort belassen und von hier aus betreuen.

Haben Sie einen Tipp für andere nachfolgeinteressierte Gründerinnen und Gründer parat?

Berg: Meiner Erfahrung nach ist es das Wichtigste, mit dem verkaufenden Unternehmer von Anfang auf Augenhöhe zu sprechen. Dazu muss man mit offenen Karten spielen. Man muss Vertrauen schenken und Vertrauen fordern. Das ist die grundlegende Basis, um ein Geschäft vernünftig abzuwickeln. Es gibt noch genügend andere Baustellen, die bearbeitet werden müssen, wenn man weiter ins Detail geht. Wenn man zum Beispiel Inventuren überprüft, ob die Stückzahl und die Bewertung stimmt oder ob die Bewertung von Maschinen angemessen ist. Das fließt ja alles in den Unternehmenswert mit ein. Da kommt es zu unterschiedlichen Einschätzungen, über die man sprechen muss. Umso wichtiger ist es, dass beide Parteien eine gewisse gegenseitige Empathie füreinander zeigen und davon überzeugt sind, dass sie es beide wollen und auch beide schaffen werden.

Zu guter Letzt: War es die richtige Entscheidung?

Berg: Ja, das war die beste Entscheidung meines Lebens, weil ich mein eigener Herr bin. Ich war vorher Geschäftsführer in einer Unternehmensgruppe mit ein paar tausend Mitarbeitern. Aber etwas Eigenes zu haben, ist noch mal ein anderes Gefühl. Für mich ist das Unternehmerleben eine tägliche Herausforderung und beruflich absolute Erfüllung.

Natürlich muss man auch der Typ dafür sein und auch schwierige Zeiten durchstehen können. Im ersten Jahr, nachdem ich den Betrieb übernommen hatte, ist zum Beispiel ein sehr großer Kunde weggebrochen. Das hatte nichts mit dem Führungswechsel zu tun. Aber so etwas kann einfach passieren, da muss man durch. Mir persönlich hat meine Berufs- und Lebenserfahrung geholfen. Auch wenn man als 25- oder 30-Jähriger oft von großen Projekten träumt, ist es für manche Dinge doch besser, wenn man 15 oder 20 Jahre älter ist.

Stand: September 2018