Werner Lehnert und Rainer Link sitzen an Schreibtisch mit Modellen
Werner Lehnert und Rainer Link ©  IHK Heilbronn, Matthias Marquart

Herr Lehnert, nachdem Sie und Ihre Frau Ihr Unternehmen über 20 Jahre lang erfolgreich aufgebaut hatten, haben Sie sich für den Verkauf entschieden. Wie kam es dazu?

Lehnert: Zunächst einmal stand die Frage im Vordergrund, wie wir überhaupt weitermachen. Das Unternehmen hatte sich so positiv entwickelt, dass wir praktisch von früh morgens bis spät abends zu tun hatten. Hinzu kamen noch fünf Messen im Jahr. Wir waren also an dem Punkt, wo wir uns entscheiden mussten, ob wir expandieren, in neue Räumlichkeiten ziehen und Mitarbeiter einstellen, oder ob wir verkaufen. Letztlich haben wir uns dann für den Verkauf entschieden. Denn zum einen war ich zum damaligen Zeitpunkt schon über 60 Jahre alt, und zum anderen bin ich ein leidenschaftlicher Tüftler und Erfinder. Ich habe zum Beispiel vor 15 Jahren den Erfinderclub der Dualen Hochschule in Mosbach gegründet. Als die Entscheidung damals anstand, hatte ich die Schubladen voll mit Ideen, die ich weiterentwickeln und beim Patentamt anmelden wollte. Das ging aber nicht, weil ich als Unternehmer einen Fulltime-Job hatte. Also haben meine Frau und ich beschlossen, unser kleines Familienunternehmen zu verkaufen.

Herr Link, Sie hatten zum Zeitpunkt der Übernahme bereits ein Unternehmen. Warum noch ein zweites?

Link: Weil LEMO-SOLAR® vom Sortiment und Geschäftsmodell her eine gute Ergänzung zu unserem bisherigen Unternehmen ist. Wir stellen in unserer TeileManufakturLink kleine Bauteile her. Von daher lag es nahe, auch Produkte für LEMO-SOLAR® zu produzieren und sie über die Online-Plattform zu verkaufen. Hinzu kam, dass die Produkte nicht nur für Modellbauer, sondern auch für den pädagogischen und unternehmerischen Bereich einfach interessant sind und auf jeden Fall Zukunft haben. Außerdem ist es sinnvoll, wenn man als Unternehmer ein zweites Standbein hat. Und da meine Frau damals eine Teilzeittätigkeit gesucht hat, passte das ganz gut.

Herr Lehnert, war es bei so einem kleinen Unternehmen nicht schwierig, einen Nachfolger zu finden?

Lehnert: Mir war von Anfang an klar, dass wir aufgrund des Alleinstellungsmerkmals auf jeden Fall einen Käufer finden würden. Wir haben innovative und qualitativ hochwertige Motoren und Bausätze entwickelt, für den Modellbaubereich sowie für den naturwissenschaftlichen Unterricht an Schulen und für Kindergärten und mittlerweile auch für Ingenieurbüros. Damit wollten wir vor allem die Möglichkeiten und die Funktionsweise von Solar- und Windenergieanlagen zeigen - so einfach wie möglich und immer mit einem gewissen Aha-Effekt. Hinzu kam, dass das Unternehmen in der „Szene“ schon einen Namen hatte. Von daher haben wir uns keine Sorgen gemacht. Und es hat ja auch gut geklappt.

Wie sahen denn Ihre ersten Schritte aus, um sich auf die Übergabe vorzubereiten?

Lehnert: Erst einmal habe ich nach Informationen gesucht, um zu erfahren, wie so ein Unternehmensverkauf überhaupt funktioniert. Eine erste Internetrecherche hat allerdings Adressen und Ansprechpartner ergeben, die mir nicht sehr seriös erschienen. Entscheidend war dann ein Gespräch mit der Industrie- und Handelskammer Heilbronn, die mich nicht nur sehr gut beraten, sondern mich auch auf die Unternehmensnachfolgebörse nexxt-change hingewiesen hat. Das Verfahren war sehr einfach: Nach einem Besuch bei uns hat der Mitarbeiter der IHK gemeinsam mit uns ein Profil erstellt und in der Onlinebörse veröffentlicht.

Herr Link, wie kamen Sie auf die Idee, ein Unternehmen zu übernehmen und nicht noch einmal neu zu gründen?

Link: Ich hatte immer wieder gelesen, dass jede Menge Nachfolger für Betriebe gesucht werden. Und als Ingenieur und ehemaliger Geschäftsführer eines Modellbaubetriebs dachte ich, dass ein kleiner Produktionsbetrieb oder ein Handelsunternehmen genau das richtige wäre. Im Rahmen meiner Recherche habe ich dann von nexxt-change erfahren und mit Hilfe der IHK Heilbronn ein Inserat aufgegeben.

Sie haben dann über die Unternehmensnachfolgebörse nexxt-change zueinander gefunden. Was waren die Gründe dafür, dass Sie sich füreinander entschieden haben?

Lehnert: Erstens brachte Herr Link unternehmerische Erfahrungen als Geschäftsführer mit. Er konnte also den Arbeitsaufwand und die anstehenden Aufgaben gut einschätzen. Das ist nicht selbstverständlich, denn ich hatte auch Bewerber, die dachten, allein weil ein Unternehmen klein ist, kann es praktisch nebenbei geführt werden. Aber das ist nicht richtig. Zweitens war deutlich zu erkennen, dass Herr Link tatsächlich an dem Unternehmen interessiert war. Drittens - Stichwort "Expansion" - hatten er und seine Frau größere Räumlichkeiten, und die Arbeit konnte zudem auf mehrere Familienangehörige verteilt werden. Und als letzter ganz wichtiger Punkt: Die „Chemie“ zwischen uns stimmte.

Link: Für meine Frau und mich waren auch mehrere Aspekte entscheidend. Wir haben uns zunächst das Sortiment angesehen und festgestellt, dass wir mit der Technik, die dort angeboten wird, gut vertraut sind - auch wenn wir beide keine Erfinder sind. Aber dieses Defizit konnten wir ausgleichen, indem wir mit Herrn Lehnert einen Beratervertrag geschlossen haben. Das bedeutet: Er sorgt weiterhin mit seinen vielen Ideen für jede Menge innovativer Produkte.

Ein weiterer Grund, warum wir uns für das Unternehmen von Herrn Lehnert entschieden haben, war der Zustand des Betriebs. Wir haben uns gemeinsam mit Unternehmensberatern die Bilanzen angeschaut und erkannt, dass das ein funktionierender Betrieb mit Zukunftspotenzial ist. Ein zusätzliches Investment war – bis auf die Finanzierung des Kaufpreises – erst einmal nicht notwendig.

Und wie ging es dann weiter?

Link: Um die Übergabe auf den Weg zu bringen, haben wir einen Businessplan geschrieben. Ein Businessplan für eine Unternehmensnachfolge ist einfacher als für eine Neugründung, weil das Unternehmen bereits Kunden hat, und man kann mit realen Zahlen operieren. Dabei darf man nicht vergessen, auch zukünftige Entwicklungspotenziale zu beschreiben. Das war für uns zum Beispiel die Erweiterung des Sortiments für Schulen und Betriebe. Natürlich haben wir auch viele Gespräche mit Herrn und Frau Lehnert geführt, die uns beide eingearbeitet und uns peu à peu in das Unternehmen eingeführt haben.

Herr Lehnert, was würden Sie anderen Unternehmerinnen und Unternehmern empfehlen, die ihren Betrieb abgeben möchten?

Lehnert: Ich denke, die wichtigste Voraussetzung ist, dass man sein Unternehmen mit viel Leidenschaft aufgebaut hat. Denn um einen geeigneten und fähigen Nachfolger zu finden, muss das Unternehmen auf jeden Fall wettbewerbsfähig sein und ein Alleinstellungsmerkmal anbieten. Auch Vertrieb und Marketing müssen stimmen. Bei Unternehmen wie dem unseren, dessen Vertrieb ausschließlich über das Internet läuft, ist zum Beispiel die Platzierung in Suchmaschinen wichtig.

Dann sollte man sich sehr genau die betriebswirtschaftlichen Zahlen des Unternehmens ansehen. Es gibt Unternehmer, die schreiben seit Jahren rote Zahlen und wollen ihren Betrieb für viel Geld verkaufen. Das kann nicht funktionieren.

Fällt es Ihnen nicht auch schwer, den Betrieb aus der Hand zu geben?

Lehnert: Nein, überhaupt nicht. Ich bin ja immer noch mit dem Unternehmen verbunden und stehe im engen Kontakt mit Herrn Link. Was ich jetzt einfach genieße ist, dass ich Zeit habe, meine Ideen umzusetzen. Seit der Übergabe im Jahr 2013 habe ich allein fünf Anmeldungen beim Patentamt eingereicht.

Herr Lehnert, Herr Link, es ist keine Selbstverständlichkeit, dass es zwischen Unternehmer und Nachfolger immer so gut läuft wie bei Ihnen. Worauf kommt es Ihrer Erfahrung nach an?

Lehnert: In jedem Fall sollte man als Unternehmer alle Karten auf den Tisch legen und nichts verheimlichen. Und wenn man dann merkt, dass der Käufer auf der gleichen Wellenlänge schwimmt, ist das schon mal sehr positiv. Der Käufer sollte wissen, wie er sich die Zukunft des Unternehmens vorstellt und mit Begeisterung dabei sein. Wobei man immer hellhörig werden sollte, wenn er von gleich auf jetzt alles umkrempeln möchte. Er sollte erst einmal sehen, was gut läuft und dann bei Bedarf nach und nach Änderungen vornehmen.

Link: Das wichtigste ist, dass sich der bisherige Unternehmer tatsächlich aus seiner Rolle als Chef zurückzieht. Da verdient Herr Lehnert meine volle Anerkennung. Das ist ihm wirklich gelungen. Als Berater macht er Vorschläge, aber er akzeptiert, dass die endgültige unternehmerische Entscheidung letztendlich bei mir liegt. Insofern gibt es eine klare Rollenaufteilung. Natürlich erfordert das auch viel Kompromissfähigkeit von beiden Seiten. Aber das klappt bei uns sehr gut, auch wenn jeder von uns sicherlich ab und zu mal die Zähne zusammenbeißen muss. Entscheidend ist, dass die "Chemie" zwischen uns stimmt. Auch wenn wir vom Typ her unterschiedlich sind, arbeiten wir beide im Sinne des Unternehmens zusammen. Das ist, glaube ich, das A und O.

Wichtig ist auch, während der Vorbereitungen möglichst früh Sparringspartner an Bord zu nehmen. Das können Berater der IHK und selbständige freie Berater sein. Als Nachfolger kann man nicht alles überblicken und malt sich vielleicht auch die Zukunft zu rosarot aus. Wenn man gute Berater hat, wissen die genau, wo man im Unternehmen hinschauen muss. Das ist wichtig, um letztlich auch einen realistischen Kaufpreis auszuhandeln. Dazu gehört auch eine gründliche Prüfung der Unternehmenszahlen. Wenn ich in den Bilanzen ein paar Jahre zurückschaue und sehe, wann die Geräte und Maschinen angeschafft wurden, weiß ich schon, wie das Unternehmen tickt. Solche Sachen muss man einfach wissen. In welchem Zustand sind die Geräte und Maschinen? Wie aktuell und solvent ist der Kundenstamm? Dabei ist es gut, wenn man mehrere Berater an seiner Seite hat. Denn was der eine nicht sieht, sieht der andere.

Stand: September 2015